Am Anfang von Amnesty International steht ein Trinkspruch: Zwei portugiesische Studenten stoßen in einem Café in Lissabon auf die Freiheit an. Doch in den 60er-Jahren herrscht in Portugal eine Diktatur, die keine Kritik duldet – die Erwähnung des Wortes „Freiheit“ ist verboten. Die zwei Studenten werden festgenommen und zu sieben Jahren Haft verurteilt.
Der britische Anwalt Peter Benenson erfuhr davon und veröffentlichte daraufhin vor 60 Jahren im „The Observer“ den Artikel „The forgotten Prisoners“. „Schlagen Sie Ihre Zeitung an irgendeinem beliebigen Tag auf, und Sie werden eine Meldung aus irgendeinem Teil der Welt lesen: Ein Mensch ist eingekerkert, gefoltert, hingerichtet worden, weil seine Ansichten oder religiösen Überzeugungen nicht mit denen der Regierung übereinstimmen.“ Benenson ermuntert die Leserinnen und Leser, mit Appellschreiben öffentlichen Druck auf die Regierungen auszuüben und von ihnen die Freilassung politischer Gefangener zu fordern. Tausende folgen seinem Aufruf. Dieser „Appeal for Amnesty“ ist der Beginn der Menschenrechtsorganisation Amnesty International.
Mittlerweile unterstützen weltweit mehr als 10 Millionen Menschen Amnesty International als Mitglieder, finanzielle Förderer oder Aktivisten. 1977 erhielt Amnesty International den Friedensnobelpreis.
Das Jubiläum gibt auch der Murnauer Gruppe Anlass zurück zu blicken. Gegründet wurde die Murnauer Amnesty-Gruppe 1984 von Detlev Scheel. Dieser war in den 1970er Jahren deutscher Botschafter in Helsinki. Eine kleine Gruppe engagierter Idealisten fand sich in seinem Privathaus in Eglfing zusammen, um Aktionen zu planen und Protestbriefe zu schreiben. Neben Herrn Scheel engagierten sich Herr Däumling, Frau Rabus, Frau Duken Dingler, Frau von Eynern, Frau Naske, Frau von Fumetti, Herr Vögele, Herr Ball und Herr Hilscher. Anfang 1985 wurde die Murnauer Gruppe offiziell unter der Nummer 1613 von der Bundessektion anerkannt. Damals setzte sich die Truppe speziell für einen russischen Gefangenen ein, der Mitglied der Pfingstgemeinde war. In diesen 37 Jahren hat die Murnauer Gruppe Tausende „Briefe gegen das Vergessen“ und Aufrufe zu „Urgent Actions“ geschrieben. Bei den Briefen gegen das Vergessen werden Verantwortliche aufgefordert, politische Gefangene freizulassen. Wenn Amnesty von willkürlichen Festnahmen, Morddrohungen, Folterungen, Hinrichtungen oder vom „Verschwinden lassen” von Personen erfährt, startet die Organisation eine sogenannte „Urgent Action“. Binnen weniger Stunden tritt weltweit ein Netzwerk von über 165.000 Menschen in Aktion. Die Mitglieder der Murnauer Gruppe sind natürlich mit dabei. Hier ein Artikel aus dem Kreisboten vom 11. Juni 1986in dem Herr Scheel von der Murnauer Amnesty-Gruppe spricht
Am Stand der Amnesty-Gruppe in der Fußgängerzone oder dem KultUrknall hört man oft: „Das Briefeschreiben bringt doch nichts.“ Stefanie Zieringer, eine der Aktiven der Murnauer Gruppe, entgegnet dann: „Rund ein Drittel der Urgent Actions führt zu Freilassungen, Hafterleichterungen und Umwandlungen von Todesurteilen. Aus Berichten von Gefangenen hören wir immer wieder, wie wichtig die moralische Unterstützung für Gefangene, politisch bedrohte Aktivisten und Umweltschützer ist. Das Gefühl nicht allein zu sein, gibt ihnen Kraft und Hoffnung und hilft ihnen oft unter menschenunwürdigen Verhältnissen zu überleben.“
Jede Spende, jeder Brief zählt. Wer sich für die gute Sache engagieren will, kann sich auf der Murnauer Amnesty-Website informieren (www.amnesty-murnau.de) „Sobald es die Corona-Situation zulässt, wollen wir wieder aktiv in der Murnauer Fußgängerzone um den Einsatz für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen werben und die Einhaltung der Menschenrechte einfordern,“ so Peter Hofer, der Sprecher der Murnauer Amnesty-Gruppe.
„Angesichts der Verurteilungen von Amnesty-Mitgliedern wegen ihrer Menschenrechtsarbeit in der Türkei, der Kriminalisierung von Seenotrettern im Mittelmeer oder der Angriffe von Belarus wie auch der USA auf die Pressefreiheit, ist dieser Einsatz wichtiger denn je.“